Mitgliederversammlung im Vereinsheim SV Friedrichsort

In diesem Jahr fand unsere Jahres-Mitgliederversammlung am 27. Oktober 2021 unter strengen Hygieneregeln erneut im Vereinsheim des SV Friedrichsort statt. Auch wenn der Umbau des „Legienhof“ im Kieler Gewerkschaftshaus langsam voranschreitet, werden wir wohl noch bis 2023 warten müssen, um an unserem Gründungsort wieder tagen zu können. Insgesamt 30 Vereinsmitglieder waren anwesend und mit den 36 gültigen Stimmübertragungen haben ein Drittel unserer Mitglieder aktiv teilgenommen.

Wie gewohnt leitete unser 2. Vorsitzender Bernd Prezewowsky souverän die Versammlung, so dass trotz mehrerer Berichte und einem Referat die Versammlung nach 1 ½ Stunden beendet werden konnte.

Im mündlichen Geschäftsbericht für 2020 berichtete Jürgen Müller, dass der Verein vom Finanzamt erneut die Gemeinnützigkeit anerkannt bekommen hat.

Leider mussten die Kieler Woche Veranstaltungen im letzten wie auch in diesem Jahr wegen der Coronapandemie abgesagt werden. Auch die Weihnachtsfeier in der Gorch-Fock-Schule und der Weihnachtsrundgang auf dem Kieler Weihnachtsmarkt mussten abgesagt werden.

Unsere Kassenwartin Marlies Voß berichtete, dass der Verein trotz der schwierigen Situation in 2020 an Beiträgen und Spenden knapp 15.000 € auf dem Habensaldo verbuchen konnte. Alle Förderzusagen wurden im laufenden Jahr 2020 und 2021 nicht abgerufen, da durch gesetzliche Pandemievorgaben schon festgelegte Aktivitäten nicht umgesetzt werden konnten. Ihre Hauptaussage: "Der Verein hat ausreichend Mittel, um bestehende und neue Förderzusagen umzusetzen."

Unser Vereinsmitglied Mathias Stein, gerade vor einem Monat erneut direkt in den Bundestag gewählt, berichtete von den aktuellen Koalitionsverhandlungen und verband die Hoffnung, dass insbesondere im Bereich der Ausbildung und Arbeit sich neue Chancen für Menschen mit Behinderungen ergeben könnten.

Zum Schluss machte unser Vorsitzender Jürgen Müller eine Vorausschau auf das nächste Jahr. In 2022 wird unser Verein 30 Jahre alt. Anlass genug eine Sonderveranstaltung im März durchzuführen. Sie soll im Landeshaus stattfinden und möglichst mit einer Ausstellung von Förderprojekten umrahmt werden. Für die Kieler Woche Veranstaltung wird es einen neuen Anlauf geben. Im Oktober sollen im Rahmen einer Mitgliederversammlung die Gründerinnen und Gründer des Vereins einen Rückblick auf die 30jährige Arbeit des Vereins geben. Zu allen Veranstaltungen wird noch gesondert eingeladen.

Einen spannenden und lehrreichen Vortrag hörten die Anwesenden vom Rechtsanwalt und Notar Ulf Schönenberg-Wessel. Er informierte über das Erbrecht, insbesondere über das Testament zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen. Seine zentrale Aussage: Ein „Berliner-Testament“ bei dem sich die Eltern gegenseitig als Erben und die Kinder zu sog. Schlusserben einsetzen, ist bei Kindern mit Behinderung i.d.R. keine geeignete Gestaltung und sollte daher vermieden werden.

Sein autorisierter Bericht hat folgenden Text:

Testamente zu Gunsten von Menschen mit Behinderung

Rechtsanwalt und Notar Ulf Schönenberg-Wessel, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht, zert. Testamentsvollstrecker (DVEV)

Bei einem sog. Behindertentestament handelt es sich um eine letztwillige Verfügung des Erblassers mit dem Ziel, seinem Kind mit Behinderung Vermögenswerte zukommen zu lassen, die geeignet sind die Lebensqualität des Kindes spürbar zu steigern. Die Unterstützung, die die Eltern zu Lebzeiten geleistet haben und ihre Hilfestellung sollen mit dem Tod nicht wegfallen, sondern fortbestehen. Es soll in jedem Fall verhindert werden, dass das Vermögen der Eltern im Erbfall dazu führt, dass das Kind mit Behinderung seinen Anspruch auf seine Sozialhilfeleistungen (Grundsicherung, Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege, …) verliert bzw. das Erbe als Einkommen bzw. Vermögen auf die gewährten Sozialleistungen angerecht wird. Das Vermögen der Eltern soll vor dem Zugriff des Sozialhilfeträgers geschützt werden, so dass letzten Endes die gesamte Familie vom Nachlass profitieren kann.

WICHTIG: Ein „Berliner-Testament“ bei dem sich die Eltern gegenseitig als Erben und die Kinder zu sog. Schlusserben einsetzen ist bei Kindern mit Behinderung i.d.R. keine geeignete Gestaltung und sollte daher vermieden werden!

Das „klassische“ Behindertentestament ist ein sicheres Gestaltungsmittel, um dem Kind mit Behinderung einen quantitativen und qualitativen Mehrwert aus dem Vermögen der Eltern im Erbfall zukommen zu lassen. Die Gestaltung des Behindertentestaments erfolgt dergestalt, dass das Kind mit Behinderung von seinen Eltern sowohl nach dem Tod des ersten Elternteils als auch nach dem Tod des zweiten Elternteils zu einer mindestens oberhalb seines Pflichtteils liegenden Quote zum sog. Vorerben eingesetzt wird. Dies bewirkt, dass das ererbte Vermögen kein eigenes Vermögen des Kindes wird und der Sozialleistungsträger auf das ererbte Vermögen nicht zugreifen kann. Es entsteht ein sog. Sondervermögen. Dieses Sondervermögen geht mit dem Tod des Vorerben auf den sog. Nacherben über, den die Eltern bereits in ihrem Testament bestimmt haben. Zum Nacherben können die Abkömmlinge des Kindes mit Behinderung, Geschwisterkinder, sonstige Verwandte oder auch gemeinnützige Organisationen eingesetzt werden.

Über den Erbteil des Kindes mit Behinderung wird sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Elternteil Dauervollstreckung anzuordnen. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe den Nachlass für das Kind mit Behinderung zu verwalten, gewinnbringend anzulegen und dem Kind aus den Erträgen des Nachlasses diejenigen Leistungen zukommen zu lassen, die seine Lebensqualität effektiv steigern. Hierzu können neben Dingen des persönlichen Bedarfs (Kleidung, Unterhaltungselektronik, …) auch Zuschüsse zu Hilfemitteln, zur Freizeitgestaltung oder zu Kur- und Freizeitaufenthalten zählen. Der Testamentsvollstrecker muss sowohl über erbrechtliche Kompetenzen, das notwendige sozialrechtliche Fachwissen als auch über ein Talent zur Geldanlage verfügen. Der frühzeitige Kontakt zwischen Testamentsvollstrecker und Familie stellt sicher, dass im Erbfall ein guter Übergang möglich ist und der Testamentsvollstrecker für das Kind mit Behinderung bereits eine bekannte (Vertrauens-) Person ist. In Norddeutschland hat sich etwa die Firma NGTV mbH auf diese besondere Art der Testamentsvollstreckung spezialisiert (www.ngtv-kiel.de).

Das klassische Behindertentestament bietet den Vorteil, dass eine hinreichend geklärte Rechtslage in Bezug auf die Zugriffsmöglichkeiten des Sozialhilfeträgers auf das ererbte Vermögen existiert. Der Bundesgerichtshof zuletzt 2019 noch einmal ausdrücklich betont, dass das Behindertentestament, auch wenn es faktisch den Sozialleistungsträger benachteiligt, nicht sittenwidrig ist (Beschluss vom 24.7.2019 – XII ZB 560/18). Der Bundesgerichtshof schreibt dazu: Das Behindertentestament ist grundsätzlich nicht sittenwidrig, sondern vielmehr Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus.

Die konkrete Gestaltung eines Testaments zu Gunsten eines Kindes mit Behinderung sollte mit Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts / Notars, einer erfahrenen Rechtsanwältin / Notarin erfolgen. Hierdurch stellen sie sicher, dass sie das erstrebte Ziel mit ihrem Testament tatsächlich erreichen und alle Klippen in der Gestaltung sicher umschifft werden.

 

Wir beraten und unterstützen Sie gern bei der Gestaltung von Testamenten zu Gunsten von Kindern mit Behinderung:

SIEWERT, SCHÖNENBERG-WESSEL und Partner

Preußerstraße 1-9, 24105 Kiel

0431 – 66 11 49 -90, schoenenberg-wessel@ssw-partner.de

Bei weiterem Interesse hier die Internetseite: www.ssw-partner.de

Marlies Voß
© Wolfgang Mädel
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